Hospitieren? An einer Schule? Als Eltern? Wie sieht so ein Tag aus und was erwartet uns dort? Mit dem Aufnahmeverfahren an der FAS haben wir Neuland betreten und befinden uns plötzlich mittendrin im Schulalltag. An der Freien Aktiven Schule Stuttgart gehören Hospitationen mit anschließenden Gesprächen und einer schriftlichen Rückmeldung zum Aufnahmeverfahren dazu. Nach Einschulung hospitieren Eltern weiterhin mindestens einmal im Jahr. Vor der ersten Hospitation erhalten Besucher der Schule Hinweise zum Verhalten während der Hospitation sowie zur „wahrnehmenden Haltung“ (das Beobachten nach Maria Montessori).
Hospitation, die: Laut Duden leitet sich das Wort ab vom lateinischen hospitari = zu Gast sein. Ein Hospitant ist ein Gast an einer (zum Beispiel) pädagogischen Einrichtung um die Struktur derselben, ihre Arbeitsabläufe und fachlichen Probleme kennenzulernen und berufspraktische Erfahrungen zu gewinnen.
Herzliche Begrüßung zur Hospitation
Gut gewappnet mit diesen Informationen, einem Pausenbrot und ein klein wenig aufgeregt haben wir uns im Mai 2016 auf den Schulweg gemacht. Zusammen mit anderen hospitierenden Familien wurden wir in der Schule herzlichst begrüßt. Dank positiver Stimmung fühlten wir uns sofort ein wenig zugehörig. Der Tag startete für uns und die Schüler*innen um 8.30 Uhr mit dem Morgenkreis. Hier wurde auch bekannt gegeben, dass wir zu Gast sind, so wussten alle gleich Bescheid und wir waren nicht mehr fremd.
Für Besucher stehen in jedem Raum zwei Hospitationsstühle bereit. Auf diesen haben wir Platz genommen um das bunte Treiben um uns herum zu beobachten. Unauffällig und still versuchten wir mit unserer Umgebung zu verschmelzen um den Schulalltag nicht zu behindern. Meine Befürchtung, dass wir als Störfaktoren wahrgenommen werden würden, hat sich zum Glück nicht bestätigt. Zu keinem Moment hatte ich das Gefühl Abläufe zu erschweren, das war für mich als Gast sehr angenehm. Schüler*innen und Begleiter*innen verhielten sich sehr natürlich und unverkrampft.
Wie geht eigentlich „nur Zuschauen“?
Nur Zuschauen und nicht mitmachen dürfen, das ist schwieriger als wir dachten! Immer wieder gibt es (auch heute noch) den Impuls in das Geschehen einzugreifen. Sich in diesen Momenten zurückzuhalten und auf seine Aufgabe zu besinnen, ist teilweise nicht einfach. Ich behelfe mir gerne damit, dass ich mir Dinge, die mir auffallen notiere, um dann später mit anderen darüber zu sprechen.
Wir haben den Vormittag in verschiedenen Räumen der Primaria sowie im Außenbereich verbracht. Die Kinder bei ihrem Tun beobachtet und gesehen in welcher Beziehung die Kinder zu den anwesenden Erwachsenen stehen. Es ist interessant welche Typen von Kindern es gibt und wie jeder Typ hier an der Schule sein Betätigungsfeld findet. Wir konnten erleben mit welcher Hingabe eine auffordernde Lernumgebung gestaltet wird und wie die Kinder auf bestimmte Angebote reagieren.
Trotz einiger Pausen an der frischen Luft waren wir um 13.05 Uhr sehr froh als der Gong zum Schulende ertönte. Ich musste feststellen, dass mich der Vormittag doch sehr angestrengt hat, das war mir während des Beobachtens nicht bewusst.
Inzwischen gehen wir mit mehr Ruhe und Gelassenheit zum Hospitieren an die Schule. Die Abläufe sind bekannt und wir können uns besser auf bestimmte Aspekte konzentrieren die uns im Moment spannend erscheinen. Vom Idealbild eines Beobachters, wie Maria Montessori es beschreibt, sind wir noch weit entfernt. Aber mit jedem Mal wird uns das Beobachten vertrauter.