Schule

Gedanke zum Schulstart: Ja, aber der weite Schulweg?

Eigenständiger Schulweg an die FAS von Anfang an

Als wir uns mit den Vor- und Nachteilen der Freien Aktiven Schule Stuttgart beschäftigt haben, stand für mich ganz weit oben das Problem: Schulweg. Wäre es nicht sinnvoller, unsere Tochter an der Grundschule vor Ort einzuschulen? Dann könnte sie mit einer Laufgruppe in die Schule laufen. Um an die FAS zu kommen, muss unser Kind mit der Stadtbahn fahren, je nach Verbindung einmal die Bahn wechseln, und in Degerloch in den (richtigen) Bus einsteigen.

Da aus unserer Sicht die vielen positiven Aspekte der Freien Aktiven Schule bei weitem überwiegen, haben wir beschlossen, dass der Schulweg kein K.-o.-Kriterium sein darf. Vielmehr sehen wir den Schulweg inzwischen als Chance für unsere Tochter sie in ihren Ich-Kann-Erlebnissen zu stärken.

Wenn Kinder flügge werden…

Das Ziel der Freie Aktiven Schule ist es, Kindern einen Weg zu ermöglichen, der sie zu eigenständigen und selbstverantwortlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen heranreifen lässt. Selbständigkeit kann sich nur im Tun entwickeln, Eigenverantwortung muss erfahren werden. Was gibt es da Besseres, als auch den Weg zur Schule alleine zu bewältigen?

Vor der Einschulung haben wir uns überlegt, was es alles zu beachten gibt, damit unsere Tochter sicher in der Schule ankommt. Der Schulweg sollte in jedem Fall rechtzeitig und ausgiebig gemeinsam geübt werden. Egal, ob er zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigt wird.

Übung macht den Meister

Wir haben uns die Strecke im Vorfeld genau angeschaut und herausgesucht mit welchen Verbindungen unsere Tochter am sichersten (nicht unbedingt am schnellsten) in die Schule kommt. Wir haben ganz klare Regeln festgelegt bzgl. der Strecke, Umsteigen und Verhalten. In der Woche vor dem Schulstart sind wir an verschiedenen Tagen morgens und mittags die Strecke gemeinsam gefahren. Am Ende der Woche hat unsere Tochter die Führung übernommen und gezeigt, dass sie den Weg und seine Problemstellen kennt. Nach der Einschulung sind wir noch zusammen gefahren, am Ende der ersten Schulwoche haben wir unsere Tochter mit etwas Abstand unauffällig begleitet. In der zweiten Schulwoche sagte unsere Tochter: „Morgen brauchst du nicht mitfahren, ich mache das jetzt alleine!“ Da war sie plötzlich ein stolzes Schulkind und alleine unterwegs! Wir haben tief durchgeatmet und sie in ihrem Vorhaben bestärkt.

Zum Thema Sicherheit (darüber machen sich nicht nur Helikopter-Eltern Gedanken): Schulkinder sind selten alleine unterwegs, meistens sind noch andere Schulkinder in der Bahn oder im Bus. Es sind immer viele andere Menschen unterwegs. Vor Schulstart haben wir mit unserem Kind ein Sicherheitstraining absolviert. Unsere Tochter weiß, wen sie in Notsituationen ansprechen kann, wie sie sich in unangenehmen Situationen zu verhalten hat.

Ein Handy halten wir für Kinder in diesem Alter für nicht sinnvoll. Falls ein Kind in eine Notsituation gerät, sich zum Beispiel verlaufen hat, weint und nicht mehr weiß wo es ist, hilft ein konfuses Handygespräch nicht weiter. Wir vertrauen darauf, dass ein weinendes Kind nicht lange alleine ist, sondern Hilfe bekommt.

Wann ist der richtige Zeitpunkt?

Wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um alleine zur Schule zu gehen, ist bei jedem Kind individuell verschieden. Prinzipiell sollten Erstklässler in der Lage sein alleine in die Schule zu laufen. Unsere Tochter meistert den Weg mit Öffentlichen Verkehrsmitteln problemlos, eigenverantwortlich und selbstbewusst. Genauso gibt es Kinder, die sich unsicher fühlen und im ersten Jahr gerne begleitet werden. Wichtig dabei ist: Die Begleitung auf dem Schulweg sollte nicht zum Service werden, weil das Kind zu bequem ist, um sich Gedanken über den Schulweg zu machen. Kinder sollten eigenständig werden und lernen Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Auch gibt es Kinder, welche sich mit der Einschulung noch nicht sicher im Straßenverkehr fühlen. Der Schulweg sollte so lange gemeinsam geübt werden, bis das Kind sich sicher zwischen Elternhaus und Schule bewegt.

Wichtig in meinen Augen ist es, das Kind auf keinen Fall mit dem Auto in die Schule zu fahren. Mag es auch noch so bequem für einen selber sein, man tut den Kindern in keiner Hinsicht damit einen Gefallen. Nicht zu vernachlässigen sind der Umweltaspekt und die Gefährdung der Kinder, die den Schulweg alleine bewältigen. Überwindet euren inneren Schweinehund, denkt an eure Kinder und die Umwelt, lasst das Elterntaxi in der Garage stehen!

Vertrauen – von beiden Seiten

Loslassen und vertrauen wollen gelernt sein. Ich habe es meiner Tochter zugetraut, selbständig in die Schule zu gehen und habe sie darin bestärkt, dass sie es kann. Natürlich habe ich mir am Anfang Sorgen gemacht, ob wohl alles klappt. Mittags stand ich auf dem Balkon und habe nervös gewartet, bis ich sie endlich mit ihrem Schulranzen um die Ecke kommen sah. Und dann der erste Tag, als die U-Bahn kam und kein Kind ausstieg… Kühlen Kopf behalten und die nächste Bahn abwarten! Nicht in Panik geraten! Ganz stolz kam unsere Tochter zehn Minuten später nach Hause und hat erzählt, dass der Bus Verspätung hatte und sie dann selbstverständlich einfach mit der nächsten Bahn gefahren ist. Als wäre es das natürlichste auf der Welt.

Habt Vertrauen in eure Kinder, die können das!

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