Schule

Das Seku-Projekt an der Freien Aktiven Schule

Das Seku-Projekt an der FAS

Der Übergang von der Primaria zur Sekundaria wird durch das so genannte Seku-Projekt markiert. Erst, wenn dieses erfolgreich abgeschlossen ist, findet der Wechsel aus der Grundschule in die weiterführende Schule statt. Die Kinder können dabei selbst bestimmen, was Inhalt ihres Projektes sein soll. Sie erarbeiten sich alles selbstständig mit der Unterstützung ihrer Lernbegleiter. In diesem Beitrag wird das Seku-Projekt an der Freien Aktiven Schule Stuttgart FAS aus Sicht einer Schulmutter genauer beleuchtet.

Ein Gastbeitrag von Elisabeth Kuveke

An der FAS gibt es nur wenige Dinge, die die Kinder und Jugendlichen machen „müssen“. Unter anderem sind das die Übertrittsarbeiten, die als Voraussetzung für den Wechsel von einer in die nächste Stufe absolviert werden müssen – das sogenannte Seku-Projekt und dieTertiaarbeit. Meine Kinder haben im letzten Schuljahr die Hürde „Seku-Projekt“ genommen, weshalb ich deshalb ein bisschen darüber berichten möchte.

Rahmenbedingungen Seku-Projekt

Die festgelegten Bedingungen sind folgende:

  • Die Kinder dürfen erst in die Sekundaria wechseln, wenn sie dieses Projekt vollendet haben.
  • Es darf erst im vierten Schuljahr begonnen werden, vorher können die Kinder jederzeit freiwillige Projekte machen.
  • Diese Projektarbeit kann um ein oder zwei Jahre verschoben werden, wenn ein Kind merkt, dass es noch nicht bereit dazu ist.
  • Die Kinder suchen sich selbst ein Thema, mit dem sie sich beschäftigen möchten.
  • Darüber müssen zwei Seiten handschriftlich geschrieben werden. Zusätzlich kann man noch etwas dazu gestalten, bauen oder ein Angebot für andere Kinder durchführen.
  • Die Kinder machen dieses Projekt nur in der Schule und werden von den Begleiter*innen unterstützt.
  • Die Eltern dürfen nicht helfen, außer bei Recherchen als Vorbereitung zu Hause.
  • Das Projekt wird nach der Fertigstellung (der Termin ist für alle festgelegt) einer kleinen Auswahl an Mitschüler*innen präsentiert.

Das eigene Thema finden

Eine Hermetosphaere als Seku-Projekt
Eine Hermetosphaere als Seku-Projekt

Ich möchte ein bisschen erzählen, wie sich das bei uns zugetragen hat. Meine Kinder möchten nicht erkannt werden, deshalb schreibe ich in der sächlichen Form.

Eines meiner Kinder hat tatsächlich die Möglichkeit genutzt dieses Projekt um ein Jahr zu verschieben. Es hatte im vorigen Jahr damit begonnen, aber irgendwie ging alles schief, was vielleicht ein Zeichen war, dass es noch nicht der richtige Zeitpunkt war. Das heißt, meine beiden Kinder haben sich dann im letzten Schuljahr zeitgleich mit dieser Arbeit beschäftigt.

Im Herbst gab es dann die ersten Überlegungen über verschiedene Themen. Sie recherchierten über Lego, Meerschweinchen, Fische und Katzen. Aber das schien nicht so das Richtige gewesen zu sein, also haben sie weiter überlegt. Plötzlich haben sie, eher durch Zufall, ihre Themen gefunden. Eins hat dann über Hermetosphäre (Pflanzen in einem geschlossenen Glas) geschrieben und einen Film gedreht und das andere über Mandeln (die Pflanze) geforscht und geschrieben und ein Mandel-Zimt-Eis dazu hergestellt. Und ab da ging es dann viel leichter. Die Begeisterung war deutlich zu spüren, beide hatten „ihr“ Thema gefunden.

Meine Rolle als Mutter

Gleichzeitig war ich als Mutter zu Hause damit beschäftigt mich aus der Sache rauszuhalten. Ich wusste ja, dass das so sein soll und fand es auch gut. Da ich aber selbst ein Mensch bin, der die Dinge mit voller Kraft angeht, fiel es mir schwer, nicht immer wieder motivierend einzugreifen. Erst recht als ich dann sah, dass der Fertigstellungstermin näher rückte. Immer wieder habe ich bei den Begleiter*innen nachgefragt, ob es denn noch immer angebracht ist, mich zurückzuhalten. Da hieß es schmunzelnd: „Ja, kein Problem. Du kannst dich zurücklehnen, wir machen das.“

Manchmal wusste ich auch nicht, ob ich am Mittag nach der Schule nachfragen durfte, oder das Thema besser nicht anschneiden sollte. Ich entschied mich dann meine Kinder zu fragen, ob ich nachfragen darf und dass sie es mir sagen sollen, wenn es sie stört. Das klappte dann gut und eigentlich erzählten sie ganz gern darüber. Und ich gab mir Mühe keine Kommentare abzugeben.

Irgendwann konnte ich mich dann wirklich zurücklehnen und beobachtete wie die „Seku-Projekt-Arbeitswut“ in meinen Kindern ausbrach. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie sich gestresst fühlten, es war eher ein emsiges Schaffen und sie wollten zum vorgegebenen Zeitpunkt fertig werden.

Eigene Wege des Erarbeitens finden

Eines meiner Kinder hat oft mit anderen Kindern zusammengesessen und jedes hat sich mit seiner Arbeit beschäftigt. Das andere Kind hat eher mehr allein gearbeitet und brauchte auch immer wieder einen Anstoß von seinem Begleiter. Was diesem nicht leicht fiel, weil es nicht ganz in sein Konzept von unserer Schule passte. Aber wir haben gemeinsam entschieden, dass das für dieses Kind gut ist.

So hatten sie es beide geschafft ihre Arbeit bis zum März fast fertigzustellen und der Stolz war ihnen sichtbar ins Gesicht geschrieben.

Als sie dann erfuhren, dass die Schule wegen der Corona Ausbreitung geschlossen werden musste, war die Trauer bei ihnen groß, dass sie die Arbeit nicht abschließen konnten und auch noch nicht wussten, wann sie sie präsentieren können.

Die Präsentation

Präsenation des Seku-Projektes zum Thema Mandeln
Präsenation des Seku-Projektes zum Thema Mandeln

Nach der teilweisen Schulöffnung im Mai, als die 4.Klässler wieder in die Schule durften, konnten die Schüler*innen ihre Präsentationen vorbereiten. Auch das war noch einmal eine große Herausforderung, weil jetzt ganz andere Fähigkeiten gelernt und erprobt wurden: vor anderen Menschen etwas vortragen, einen sinnvollen Ablauf finden, auf Fragen reagieren. Die Kinder hatten die Möglichkeit allein mit ihrem zuständigen Begleiter eine Vorpräsentation auszuprobieren und manches daran noch zu ändern.

Für eins meiner Kinder war das relativ einfach, ich hatte den Eindruck, dass es ihm sogar Freude bereitet hat. Das andere Kind war vor der Präsentation so aufgeregt, dass es an dem Tag fast nicht in die Schule gehen wollte.

Als sie dann beide ihre Arbeiten abgeschlossen hatten waren sie sichtlich zufrieden. Immer wieder sprachen wir darüber zu Hause, Freunden und Verwandten zeigten sie ihre Plakate und Mappen.

Ist das Seku-Projekt wie eine Klassenarbeit?

Ich beobachtete bereits früher, dass es immer wieder bei Elterngesprächen und -abenden Diskussionen darüber gab, warum es diese Hürde an unserer Schule gibt. Durch diese Gespräche konnte ich Vertrauen in den Prozess entwickeln und wusste, dass die Begleiter*innen seit vielen Jahren gute Erfahrungen damit machen und die Kinder daran wachsen. Auch ich als Mutter habe mich dadurch weiterentwickelt. Ich habe gelernt, loszulassen bei Dingen, die mich nichts angehen.

Ich habe mich nach Abschluss der Projekte noch einmal gefragt: Was ist an solch einer Arbeit anders als an einem Zeugnis oder einer Klassenarbeit? Der große Unterschied ist, es ist ganz allein die Arbeit des Kindes. Es hat sich selbst das Thema gewählt, es hat es allein bearbeitet und vor allem es wurde nicht bewertet mit einer Note oder ob es gut oder schlecht war. Stattdessen kamen ehrliche Rückmeldungen von den Zuhörer*innen, ob sie das Thema interessiert hat und sei es verstanden haben.

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