Ein Samstagnachmittag im Mai 2004. Sieben Erwachsene (Katrin, Uta, Moni, Helga, Gerhard, Thomas und Petra) haben sich eingefunden, um ein Gespräch zu ihren persönlichen Hintergründen bzgl. der Freien Aktiven Schule zu führen. Es sind sieben Gründerstimmen der Freien Aktiven Schule Stuttgart (FAS). Ihre Kinder erobern unterdessen den Spielplatz und Park für sich und lassen die Erwachsenen über weite Strecken in Ruhe. Immer die Erwachsenen mit ihrem vielen Reden – ist nicht die Entdeckung des Parks viel interessanter? Wer nun auch immer Recht hat, es wurde ein spannendes Gespräch unter den Gründerstimmen. Es kam manches zum Ausdruck, was für den bzw. die Einzelne neu war. Deutlich wurde auch, wie unterschiedlich die Zugänge und Motive für unsere Schule sein können.
Gründerstimmen aus der Vergangenheit
Uta: Im Nachhinein bewundern wir immer noch euren Mut, der euch im September 2002 als Eltern der ersten Generation in unser Schulprojekt einsteigen ließ. Und damit den Schulstart letztendlich überhaupt ermöglicht hat. Ihr kanntet von der Gründungsgruppe zwar das pädagogische Konzept, die Leute aber nur von einigen Info- oder Familientagen. Die Lehrerin war noch nicht gefunden, der Schulstandort stand bis zuletzt nicht fest. So viele Unwägbarkeiten – und ihr habt es doch gewagt! Warum?
Helga: Wir waren schon lange auf der Suche nach einer Schule mit anderem Prinzip in Richtung Montessoripädagogik, und da es im Stuttgarter Raum absolut nichts gibt in dieser Richtung, waren wir erfreut, die Schule noch entdeckt zu haben und dass sie auch für uns noch rechtzeitig gegründet wurde.
Katrin: Ihr wart ja fast die allerallerletzten, die noch dazu gekommen sind.
Gerhard: Wir waren bei einem Elternabend im Höfle das erste Mal dabei. Den Termin dieses Abends hatten wir aus einer Zeitungsanzeige. Und da wir damals ganz dringend auf der Suche nach einer Schule waren, sind wir einfach mal hingegangen, um uns das Ganze mal anzuschauen. Vielleicht ist es doch das, was wir suchen.
Moni: Wir haben uns nach einem Familientag entschieden. Lisa war schon da, aber das Schulhaus gab es noch nicht.
Katrin: Petra, ihr wart schon länger dabei, bei einem der ersten Infoabende im Haus der Familie?
Petra: Ja, ich glaube, meine Mutter hatte es in der Zeitung gelesen. Irgendwie wollten wir halt auch was anderes. Wir waren schon bei einer Montessorischule in Reichenbach und dann haben wir gedacht, wir gehen nach Esslingen in die Silcherschule.
Moni: Also wir haben uns eigentlich nicht für die Schule entschieden, weil es die Schule noch nicht gab. Wir haben uns für die Gruppe entschieden. Uns waren die Leute sehr sympathisch, die wir an dem Familientag auf dem Aktivspielplatz in Cannstatt kennen gelernt haben. Letztlich haben wir uns für ein Abenteuer entschieden. Ich habe mich gegen die Schule entschieden, die wir zwei Jahre erlebt hatten mit unserem ersten Kind. Dem ging eine große Verzweiflung voraus. Etwas mit zu gestalten war dort überhaupt nicht möglich, obwohl ich im Elternbeirat war. Ich wusste, dass es so nicht weiter geht, ich wäre sogar bereit gewesen auszuwandern.
Vorgeschichte und Motivation der Gründerstimmen
Uta: Ich hab’ so die Idee im Kopf, dass jede Familie einen Grund hat, warum sie an unsere Schule angedockt hat. Sei es eine Idee oder bestimmte Werte, die sie an unserer Schule wiederfindet. Oder irgendetwas von der eigenen Vorgeschichte, was gut dazu passt. Da würde ich gerne mal ein bisschen nachfühlen bei euch.
Helga: Bei uns war hauptsächlich im Vordergrund, dass unsr Sohn ein Frühchen und in manchen Bereichen entwicklungsverzögert war. So waren wir schon von Anfang an der Meinung, dass er eine Schule benötigt, die darauf Rücksicht nehmen kann, was bei der Regelschule normalerweise nicht möglich ist. Schon vor seiner Einschulung habe ich mit meiner Schwester gesprochen, welche auch eine Lehrerausbildung besitzt. Und sie meinte schon immer, dass eine Unterrichtung nach Montessori für ihn günstig wäre. Seitdem waren wir in und um Stuttgart auf der Suche, aber es gab einfach nichts. So machte mich meine Mutter erst eine Woche vor unserem Sommerurlaub über einen Zeitungsausschnitt auf einen Elternabend der FAS aufmerksam. Ich konnte erst gar nicht glauben, dass das genau mit dem übereinstimmte, was wir suchten. Aber es stellte sich dann heraus, dass dies genau zutraf.
Gerhard: Ja, wir hatten auch bereits von der Regelschule her das Gefühl, dass er in dieser Schulart überhaupt nicht zur Geltung kommt. Uner Sohn ist etwas zurückhaltend, und die Lehrerin hat uns gesagt, sie wisse sehr wenig von ihm, da er sich im Unterricht praktisch nie äußere. Für ihn war es schwierig, sich in diesem Klassenverband mitzuteilen. Es scheint sich auch zu zeigen, dass es richtig war, ihn auf die FAS zu schicken, da er sich seither deutlich besser verhält, was Reden und Mitteilen betrifft. Dies vor allem in der Schule, denn zu Hause, mit seinen Geschwistern, ist uns dies nie so aufgefallen. In der FAS scheint er sich so wohl und sicher zu fühlen wie zu Hause. Und kann sich deshalb auch dort so frei äußern, wie er es zu Hause macht. Dies scheint uns für seine weitere Entwicklung sehr wichtig zu sein.
Die „richtige“ Förderung?
Uta: Petra und Thomas, was war euer Angelpunkt, weshalb ihr uns rausgefischt habt?
Thomas: Die Erwartung einer Förderung, denn im Kindergarten war nichts mehr, da stagnierte es bei unserem Kind.
Petra: Wir sind einmal auf der Regelschule gewesen. Drei Lehrer haben sich auf unser Kind gestürzt: „Jetzt komm mal mit in die letzte Reihe und mal ein Bild.” Da hat er sich an uns geklammert und geheult, so etwas hatte ich noch nie erlebt. Ich war schweißgebadet und dachte nur: „Warum macht er jetzt nicht, was die wollen.“ Ich wollte ja, dass er gerne in die Schule kommt.
Thomas: Der Hauptpunkt war für mich: bevor unser Sohn noch ein Jahr vor sich „hindümpelt“, einfach einen Punkt zu suchen, wo er gefördert wird.
Petra: Wobei heute, wenn ich heute so den KiGa mit der Schule vergleiche, ist es gar nicht mehr so weit auseinander, damals hat man einfach andere Erwartungen gehabt, so in der Richtung „das Kind soll doch ein bisschen mehr malen und so…“ (Allgemeines Gelächter)
Katrin: Wenn du geahnt hättest, wohin das führt, hättest du es dir noch mal überlegt… (noch mal Gelächter). (Anmerkung der Redaktion: Seit Schulstart hat er so viele Bastelprojekte angeleiert, dass bei Petra und Thomas schon die ganze Wohnung überquillt…)
Nicht Montessori, nicht Waldorf, die FAS soll es sein
Thomas: Wir haben damals gesehen, was eine Montessori-Schule macht. Wenn du siehst, welche Angebote, welche Möglichkeiten dort bestehen, und du guckst halt in einen normalen Klassenraum rein, dann denkst du: da sind einfach Welten dazwischen. Eine Waldorfschule haben wir uns auch noch angeschaut, aber die war für uns zu starr organisiert, es gab ganz klare Vorgaben. Klar gibt es dort auch ganz viel Gutes, das Ganzheitliche z. B., aber auch das ist vorgegeben durch den Rhythmus der Waldorfschule.
Gerhard: Das hat uns auch gestört…
Uta: Ich glaube, das ist der große Unterschied von unserer zur Waldorfschule: Dass dort der Wissende der Erwachsene ist, wir aber das Wissen und die Kompetenz beim Kind sehen. Dass es selbst weiß, was es gerade lernen will und braucht.
Thomas: Wobei die Schwierigkeit für mich ist wirklich die an dem Punkt: Weiß das Kind jetzt wirklich genau, was es will? Manchmal habe ich das Gefühl, das Kind braucht so einen kleinen Schubs, um weiter zu kommen. Wenn ich mein Kind manchmal sehe, wenn er genervt ist, weil er nicht weiter kommt, da denk ich, er bräuchte jetzt eine Übung, wo er diese Fertigkeit ein bisschen mehr ausführen kann, die ihm den Zugang verschafft, das Begonnene weiter zu treiben, weil er das eigentlich will, er aber an seine motorischen Grenzen stößt… Meine Art zu schubsen ist aber vielleicht eine ganz andere als die, die er braucht.
Innere Werte an der FAS leben
Uta: Moni, was waren eure ganz persönlichen Gründe, bei uns einzusteigen?
Moni: Bei uns ist es der Punkt mit den inneren Werten. Meine Erfahrung an unserer alten Schule war die der Verzweiflung. Und ich sah mich von lauter Müttern umgeben, die es auch waren, aber sagten: Damit müssen wir uns jetzt zurecht finden, so wie die Armen, die da durch müssen. An dem Punkt war mir klar, ich habe keine drei Kinder in die Welt gesetzt, damit ich das 13 Jahre begleite und es nicht änderbar ist. Von daher war ich auch sehr motiviert, Energie zu investieren, dass ich da etwas Neues finde. Und ich habe spirituelle Werte, so würde ich es sagen, die ich im pädagogischen Konzept wieder finde. Ich denke, dass jeder Mensch einen inneren, heilen Kern hat, der ihm letztlich auch eine Richtung vorgibt und zu dem er immer wieder zurück finden und ihm nachspüren kann und dass da die normale Schule einem eher im Weg steht. Das hab ich als Kind erfahren, das habe ich auch bei meinen Kindern erfahren. Und ich war damals wie heute wieder verzweifelt, als ich das gesehen habe. Ich habe die Adresse der FAS dann von einer Freundin aus Tübingen bekommen, die dort auch an einer Freien Schule ist. Von ihr hatte ich auch den Werdegang der Freien Schule dort mitgekriegt mit all ihren Geburtswehen und war von daher auch auf einiges gefasst (Gelächter) und vorbereitet.
Die Gründerstimmen blicken zurück
Uta: Jetzt kommt der Block Rückblick und Gegenwart. Weiter mit folgenden Fragen: Wie weit wurden eure Erwartungen von damals erfüllt? Was empfindet ihr als Stärken, positive Impulse dieser Schule? Was habt ihr euch anders vorgestellt? Wie reagierte euer soziales Umfeld darauf, dass eure Kinder an unserer Schule sind? Gab es viele Fragen und Auseinandersetzungen ?
Den Kindern ihre Entwicklungszeit lassen
Helga: Also das, was ich erwartet hab’, war eine Schule für meinen Sohn, in der er sich in Ruhe entwickeln kann, ohne dass ihm andauernd jemand sagt, da solltest du mehr üben und dort solltest du mehr können und ihm zeigt, dass er da und dort noch hinten dran ist. Er braucht eine Schule, die seine Stärken berücksichtigt, die er ja auch hat. Unsere Erwartungen sind eingetreten. Er spricht jetzt mutiger, auch wenn er irgendwo fremd ist. Er spricht jetzt am Telefon, was er früher auch gegenüber bekannten Personen nicht getan hat. Dies ist, glauben wir, erst möglich geworden, weil er jetzt in einer Umgebung ist, die ihn einfach lässt, so wie er will. Er macht stetig seine Fortschritte, braucht aber jemanden, der die Geduld aufbringt, ihn diese Fortschritte machen zu lassen.
Gerhard: Es war früher ein großer Unterschied zwischen seinem Verhalten zu Hause und seinem Verhalten außerhalb: Zu Hause recht frei und ungezwungen, außerhalb eher schüchtern, still und zurückhaltend. Dieser starke Unterschied hebt sich mehr und mehr auf. Die Schule hat es unserer Ansicht nach geschafft, dieses vertraute Milieu der Familie in die Umgebung der Schule zu bringen. Ein Umstand, der meiner Ansicht nach zwingende Voraussetzung bei ihm ist, effektiv lernen zu können. Für seine weitere Entwicklung scheint es mir von großer Wichtigkeit, dass er weiter Fortschritte in Richtung Selbstvertrauen macht. Und die FAS scheint ihn in dieser Richtung stark zu unterstützen. Wohingegen wir in der Regelschule den Eindruck hatten, dass er sich dort in Richtung Selbstvertrauen eher zurück entwickelte.
Helga: Er braucht unheimlich viel Zeit, die Scheu vor Fremden zu überwinden. Lässt man ihm die Zeit, dann überwindet er sie auch. Wenn man ihn allerdings drängt, geht es noch länger oder es tritt überhaupt nicht ein.
Erwartungen aus dem Umfeld und eigene Erwartungen
Uta (zu Thomas und Petra): Was sind eure Erwartungen?
Petra: Also ich bin so zufrieden, wie mein Sohn sich entwickelt hat. Klar zweifle ich auch manchmal, ob es so das richtige ist – das geht wohl sicher jedem so. Wir haben auch nur Freunde, deren Kinder an der Regelschule sind, die schon das Einmaleins in 0,5 Sekunden aufsagen, die das alles bezweifelt haben und auch sicher noch bezweifeln. Aber bei unseren beiden Eltern, da kommt komischerweise nie ein Zweifel.
Thomas: Ja, das stimmt.
Petra: Die sehen ja auch, wie das Kind sich entwickelt.
Katrin: Selbstverständlich ist das Verständnis von Großeltern nicht: Ein Kind der Schule fährt gerade nicht mehr gerne zu seinem Opa, weil der ihn ein paar Mal zum Lesen gedrängt hat, weil er findet, dass das Kind so langsam mal lesen sollte. Der Mutter ist es mittlerweile schon arg, der Vater stellt sich dann auf die Hinterfüße und sagt: Der muss nicht lesen. Das ist so ein typischer Konflikt mit der Erwartungshaltung von außen.
Petra: Unsere Eltern haben vielleicht mit uns gelitten die ganzen Jahre unserer Schulzeit?
Woher kommt plötzlich das Lesen?
Thomas: Wie gesagt – ich habe es ja vorher schon angerissen – ich denke, dass unser Sohn manchmal ein bisschen „geschubst” gehört, in Anführungszeichen. Weil ich denke, er will Sachen machen, aber er steht sich selber im Weg. Dass er da ein bisschen Hilfestellung bekommt, wie er leichter da herumkommt. Bei Mathe denke ich manchmal, es müsste schneller gehen. Wenn ich aber dann auf der anderen Seite sehe, dass er liest wie ein Wahnsinniger – also muss ich einfach noch länger warten.
Petra: Er braucht einfach seine Zeit. (Erzählt, wie ihr Sohn sich für das Tennisspielen entschied) Mein Tochter, 4 Jahre alt, will unbedingt rechnen. Sie ist halt viel ehrgeiziger.
Uta: Wie kam dein Sohn zu dem vielen Lesen? Oder überhaupt zu dem Dreh zu lesen?
Thomas: Ganz ehrlich gesagt: Keine Ahnung. Das war wie von heute auf morgen – ich kann es echt nicht sagen. Fürs Sprechen hat er immer schon ein gutes Gefühl gehabt. Irgendwann hat er so angefangen mit Buchstaben, aber wie er es dann gemacht hat – ich habe keine Ahnung!
Katrin: Er hat gesagt: „Ich konnte es plötzlich.”
Thomas: Es war irgendwie so: ZACK! Von heute auf morgen.
Eine glücklichere Schulzeit
Uta: Moni, du hast jetzt drei Kinder an der freien Schule, was waren deine Erwartungen am Anfang?
Moni: Ich hoffte, die Kinder wären dort glücklich und wären nicht so von außen bestimmt wie auf der Regelschule. Vor allem im Umgang miteinander erhoffte ich mir bessere Unterstützung für die Kinder. Weil ich an der Regelschule immer wieder erlebte, dass die Kinder sehr aggressiv miteinander umgingen und Ärgern an der Tagesordnung war.
Diese Erwartungen erfüllten sich auch. Die Kinder sind meist sehr traurig, wenn die Ferien anfangen und freuen sich sehr auf den ersten Schultag. Und dann sind die Kinder manchmal erstaunlich fähig, z. B. in Familienversammlungen. Sie können ihre Dinge ansprechen und können die anderen anhören. Das haben sie in den Schulversammlungen gelernt. Außerdem hatte ich die Erwartung, die Lese-Schreibschwäche meines Sohnes würde sich in Luft auflösen. Das ist bisher nicht eingetreten.
Uta: Wie reagiert eure Umwelt auf die neue Schule?
Moni: Die Großeltern können nicht verstehen, dass unser Sohn mit 10 Jahren noch nicht fließend schreibt und liest. Sie machen sich große Sorgen und sprechen ihn darauf an, wenn er z. B. eine Karte geschrieben hat. Und ich freue mich über seine Begeisterung, die er dabei hatte und bin froh, dass er überhaupt eine Karte geschrieben hat. Das finde ich sehr schwierig.
Die Gründerstimmen blicken in die Zukunft
Uta: Jetzt noch zum Komplex Zukünftiges. Wo seht ihr konkrete Aufgaben, die in der nächsten Zeit aus eurer Sicht Priorität haben sollten?
Gerhard: Die Hauptaufgabe für die Schule sehen wir derzeit in der Einführung der Sekundarstufe. Bei dem Konzept der Schule ist es sehr schwierig, die Kinder nach der 4. Klasse in das Konzept der 3-gliedrigen Staatsschule so Knall auf Fall überzuführen. Es würde ja auch einem kompletten Abbruch von dem bedeuten, was man angefangen hat.
Helga: Eine weitere Aufgabe ist sicherlich, bleibende Räumlichkeiten für die Schule zu finden, da mit weiterer Aufnahme neuer Schüler die derzeitigen Räumlichkeiten an ihre Grenze stoßen.
Mehr Raum und Zeit für Elterngespräche
Uta: Moni, wo siehst du deinen persönlichen Platz in der Schule?
Moni: Ich sah die Schule von Anfang an auch als meine Schule. Ich lerne viel z. B. durch das Begleiten, wenn ich Werkangebote mache und durch die Begegnungen mit den Kindern und den anderen Eltern. Wenn dies nicht so wäre, könnte ich nicht soviel Energie hinein stecken. Wenn ich die Fahrerei z. B. nur für die Kinder täte, würde ich bald damit aufhören. Kürzlich trafen wir uns in einer kleinen Elterngruppe, um das Thema Religionsunterricht zu besprechen. Alle hatten wir dafür einen Text gelesen. Ich wünschte mir noch mehr solche Elterngesprächstreffen zu bestimmten Themen, weil ich diese Gesprächsrunden als sehr fruchtbar empfinde.
Uta: Zum Teil machen wir das ein bisschen auf den Elternabenden. Wenn wir ein Elternzimmer hätten, könnten wir solche Diskussionen leichter führen.
Moni: Für mich wäre es noch das i-Tüpfelchen an der Schule, weil ich es sehr interessant finde, was am Rande der Schule bei uns Eltern los ist, wenn ich z. B. Gerhard und Helga hier höre.
Uta: Petra, wo siehst du deinen Platz an der Schule?
Petra: Da mache ich mir gar nicht so viele Gedanken. Ich möchte eigentlich noch mehr mitmachen.
Uta: Aber du bist doch schon sehr aktiv dabei, begleitest das Sportangebot, bist in der Veranstaltungsgruppe, Raum-AG…
Petra: Ich möchte vielleicht mal mehr im pädagogischen Team mitarbeiten, weil, wenn man so ein Angebot macht, hängt man doch manchmal irgendwie in der Luft. Es ist die Anbindung, die manchmal fehlt, die Auseinandersetzung mit den anderen über die Arbeit. Da könnte ich mir vorstellen, mal einen Schwerpunkt zu setzen. Aber sonst mache ich mir nicht so viele Gedanken darum. Es ergibt sich immer irgendwie etwas.
Wunsch nach umfassenden Experimenten und Anregungen
Uta: Thomas, was hast Du für Anregungen für die Zukunft für die Schule?
Thomas: An der Universität Vaihingen gab es einmal Naturwissenschaften für Kinder. Da war zum Thema Regen etwas aufgebaut. So etwas könnte ich mir auch an der Schule vorstellen: Dass es verschiedene Experimente und Anregungen gibt, um ein Thema umfassend zu bearbeiten. Mein Gefühl ist, dass die Sachen in der Schule manchmal zu kurz greifen.
Katrin: Aber es ist eben doch eine Grundschule. Ich finde deinen Anspruch ja an sich gut. Deswegen würde ich immer gerne mit der Experimenta in einem Gebäude sein. Das wäre gigantisch, mit einem Kindermuseum unter einem Dach. Dann hätten die Kinder Zugriff auf diese ganzen tollen Aufbauten, die wir als Schule nicht leisten können. Das wäre im Grunde etwas, das deiner Idee im Ansatz sehr entsprechen würde. Ich denke, in der Sekundarstufe ist das wieder anders.
Es braucht ein ganzes Dorf…
Moni: Was mich noch umtreibt ist der Satz: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen. Wir sind ja eigentlich gewohnt, dass wir zu Hause sind, der Mann geht arbeiten und es ist fast nicht möglich, mit der Nachbarin mal ein gemeinsames Mittagessen zu kriegen, weil das Kind in der Zeit schläft. Also dass man auch gemeinsam das anpackt: Was es bedeutet, Kinder aufzuziehen – das war bisher bei mir in meinem Umfeld nicht so gut möglich. Da sehe ich Chancen und bin echt gespannt. Jüngst fragte ich beim Elternabend, ob jemand sich vorstellen könne, eines meiner Kinder einzuladen für 14 Tage, weil ich alleine wegfahren will. Es haben sich sofort drei Mütter gemeldet und später bekam ich noch die Rückmeldung: Dadurch, dass ich gefragt habe, wurde anderen Müttern klar, dass sie diese Freiheit gegebenenfalls auch hätten. Dass es eine Gemeinschaft ist, die funktioniert. Dass es praktisch ein Dorf ist, in dem man in gewisser Hinsicht die Kinder gemeinsam hat.
Uta: Schon allein, dass die Kinder alle Eltern kennen und so viele Begleiterinnen haben.
Moni: Und wie nah sie die auch kennen lernen: Die Kinder wissen, wo diese wohnen, wo sie schlafen und wo sie essen. Wo bekommen sie das sonst, dass sie ihre Lehrer hautnah erleben?
Uta: Das ist ein Teil der Realität, den ich sehr positiv finde für unsere Kinder. Das ist überhaupt nicht zu vergleichen mit anderen Schulen.
Moni: Und der überhaupt nicht planbar war, oder? Habt ihr das so erwartet? Dass das irgendwie zusammen wächst? Bei euch war es ja schon zusammen gewachsen in der Vorbereitung.
Katrin: Ein Stück weit schon. Meine Vision von der Schule war immer so: Die Schule sah aus wie das Höfle, und wir wohnen in der Nachbarschaft. Und ich gucke aus dem Küchenfenster und sehe die Schule.
Moni: Etwas, das ich erwartet hatte, das hat sich nicht erfüllt: Dass es ein bisschen naturnäher ist. Das hoffe ich immer noch.
Katrin: Naturnäher als Rohracker wird’s wahrscheinlich nicht mehr.
Moni: Eine große Freifläche, wo die Kinder auch in der Wiese sein können. Und persönlich haben wir die Vision, dass wir nicht mehr soviel mit dem Auto fahren müssen.
Schwerpunkte außerhalb der Schule
Uta: Und die letzte Frage: Was macht ihr sonst so außerhalb der Schule? Wo liegen eure Schwerpunkte, was bewegt euch, was treibt euch um? Haben sich eure Schwerpunkte durch die Schule verschoben ?
Helga: Wir waren bisher immer technisch und naturwissenschaftlich interessiert, und das ist auch so geblieben. Meine Hobbys sind viele Tiere, Ausflüge und Kontakt zur Natur, was Gerhard auch als Hobby hat. Das Organisatorische der Schule nimmt natürlich sehr viel Zeit in Anspruch, so dass von allem etwas Zeit abgegeben werden muss.
Gerhard: Verschoben hat sich eigentlich nicht sehr viel. Man sieht nur vieles jetzt bewusster durch den Kontakt mit der Schule. Dies vor allem in Bezug auf die Kinder. Ich denke auch, dass im Erziehungsverhalten gegenüber den Kindern eine Veränderung stattgefunden hat. Dies vor allem bedingt durch das Kennenlernen der Schulpädagogik. Dieses Erziehen von „oben herab“, wie „du musst das jetzt machen“, da überdenkt man doch das eine oder andere mal und versucht einen anderen Ansatz.
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